Das Landleben in Ostpreußen vor 1945
aus: PAMO Königsberg '95 97, von Herbert Leibundgut
Vorweg zunächst einige Zahlen:
Ostpreußen im Jahre 1939: 39.906 qkm – 2.646.868 Einwohner.
Es war ein ausgesprochenes Agrarland. Der Boden bildete die Grundlage
der Wirtschaft. 86,2 % waren landwirtschaftliche Nutzfläche (L.N.), davon
16,1 % schwere Ton- und Lehmböden, 52 % mittlere Böden, 23 %
Sandböden und 5,1 % Moorböden. Die Binnengewässer machten 3,8 % aus.
Der Anbau sämtlicher Feldfrüchte war auf diesen Böden möglich.
Ostpreußen wurde allgemein als die Kornkammer Deutschlands bezeichnet.
Ostpreußens Kartoffel-Saatzucht war berühmt, und die deutschen Bauern
bezogen ihre Saatkartoffeln größtenteils von dort.
Ein mehrmaliger Nachanbau dieser Feldfrucht war möglich. Die Kartoffeln,
welche nicht als Saat- und Speisekartoffeln benötigt wurden, kamen in die
Brennereien.

Berühmte Viehzucht: Pferde-Kaltblutzucht,
ehemalige „Ritterpferde“ zu Arbeitspferden weitergezüchtet, besonders im
Ermland. Auf den Gütern dienten sie beim Vierergespann als Hinterpferde.

Warmblut: Trakehnen wurde das Paradies der Pferde genannt. Bei der
Olympiade 1936 bei Dressur- und Vielseitigkeitsprüfungen wurden mehrere
Goldmedaillen geholt. Zunächst wurden diese Pferde als Kavalleriepferde
für das Militär gezüchtet.

Die Rindviehzucht: Schwarzbuntes Niedr. Vieh-Herdbuch-Zuchttiere.
Bullen und weibliche Tiere auf Auktionen in Königsberg, Allenstein und
Insterburg verkauft. Nach der Auktion auf dem „Bullenball“ feierten
Gutsbesitzer und Melkermeister gemeinsam.

Durchschnittliche Milchleistung 1938:
Ostpreußen:
4.128 kg Milch 3,37 % – 139 kg Fett Jahresleistung
Deutsches Reich
4.021 kg Milch 3,33 % – 134 kg Fett Jahresleistung
Weltrekord-Kuh „Quppe“ erzielte als Jahresleistung:
14.708 kg Milch 3,92 % – 577 kg Fett

Die Schafzucht hatte keine große Bedeutung, weil die Böden zu gut waren.

Die Schweinezucht lag zahlenmäßig 13 % unter dem Durchschnitt des
Deutschen Reiches. Trotzdem gab es wegen der geringen Einwohnerzahl
Überschüsse an das Deutsche Reich ab. Die Überschüsse der ostpreußischen
Landwirtschaft allgemein bildeten mit die Ernährungsgrundlage für das
übrige Deutsche Reich.

Betriebsgrößen: Es gab in Ostpreußen nicht nur Riesengüter.
Im Durchschnitt waren die Bauernhöfe 17,7 ha groß; 69 % unter 100,
31 % über 100 ha groß. Die ostpreußischen Bauern waren sehr mit ihrem Hof
verbunden. Sie waren strebsam, verläßlich, verträglich. (Ein bekannter
Ausspruch war: „Was soll ich mir streiten?“). Sie fühlten sich als
„ein Lehnsmann Gottes“. An folgendem Ereignis wird dies deutlich:
Ein alter Bauer, der im Sterben lag, bat den Doktor, ihn noch einmal in den
Kuhstall zu begleiten, um von seinen Kühen Abschied nehmen zu können.
Obwohl das bäuerliche Leben in Ostpreußen sicher manche Eigenarten
hatte, so war es doch im wesentlichen vergleichbar mit Mittel- und
Westdeutschland.

Mit freundlicher Genehmigung der PAMO
Pädagogischer Arbeitskreis Mit
tel- und Osteuropa, Herrn Gerolf Fritsche vom 2.2.2008
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