Der Frühling bringt Blumen
Der Sommer bringt Klee
Der Herbst, der bringt Früchte

„Der Winter den Schnee

Der Winter mit Frost und reichlich Schnee hat, in unserem Heimatdorf,
nur selten den kalendarischen Winteranfang verpasst. Die Vorbereitungen waren aber immer rechtzeitig abgeschlossen, die Speicher, Keller und Vorratskammern, mit Vorräten für Mensch und Tier gefüllt. Der Winter war angekommen.
Auf den Bauernhöfen nutzte man die Zeit um Gebäude, Einrichtungen, Maschinen und die Gespannsielen zu überprüfen und auszubessern. Man nahm sich auch Zeit für die Weihnachtsvorbereitungen.

Die Winterzeit war trotz Frost und Winterstürmen bei den Kindern des Dorfes beliebt. Der nahe gelegene See, von dem man bei starkem Frost das Donnern des reißenden Eiseshörte, lockte zum Schlittschuhlaufen auf spiegelglatter Eisfläche. Wenn aber das Eis dick verschneit war, so holten die Kinder ihre Rodelschlitten heraus und wenn es auch keine langen Abfahrten gab, so hatte man doch viel Spaß beim Rodeln oder Skifahren. Man wusste sich aber auch zu helfen, auch die Kinder suchten schon nach Alternativen. Wenn also geeignete Wintersportgeräte fehlten, so wurden Tonnenbretter statt Skier und Holzschlorren statt Schlittschuhen genutzt. Die „Schorrbahn“, von einer Böschung des Dorfbaches, wurde mit Wassergüssen ausgebessert oder präpariert.

Die weißen Winter haben sich fest in die heimatlichen Erinnerungen eingeprägt.
Es war schon was Besonderes, bei strahlendem Sonnenschein und starkem Frost die tief mit glitzerndem Schnee bedeckte Landschaft zu erleben. Ein fast schon schmerzhaftes Erlebnis war’s aber auch, wenn man bei Schneesturm und „klirrender Kälte“ einen weiteren Fußweg machen musste. Wie peitschten dann die scharfen Schneekristalle auf die Wangen. Man musste sich stellenweise durch hüfthohe Schneeverwehungen wühlen.

Gelegentlich machte man auch eine Schlittenfahrt zu einem Nachbarn oder Verwandten. Dabei kam es manchmal dazu, dass der Schlitten vom Kutscher gewollt in eine Schneeschanze umkippte. Auch das sind unvergessene Erlebnisse. Es waren echte Winter, doch in den Stuben war es warm und gemütlich. Geheizt wurde mit Holz aus den nahen Wäldern und Kohle aus den fernen Revieren. In den letzten Kriegsjahren wurde auch auf Heizmaterial aus unseren Torfbrüchen zurückgegriffen.

Das wichtigste Winterereignis war jedoch das Weihnachtsfest, mit den „Tagen zwischen den Jahren“ und dem Jahreswechsel. Dies war ein Höhepunkt für Leib und Seele. Rechtzeitig wurde der Weihnachtsbaum, der „Tannenbaum“ aufgestellt und mit schönen Kugeln, Lametta, Engelshaar und Wachskerzen geschmückt.
In der Küche traf man Vorbereitungen für das Festmahl mit den Vor- und Nachspeisen. Meistens war es ein schmackhafter Gänsebraten aus eigener Produktion. Ein anderer Genuss, ebenfalls aus eigener Herstellung, waren sicher die bekannte Mohnkuchenrolle, der Honigkuchen oder Pfefferkuchen und die verschiedenen Plätzchen.

Der regelmäßige Besuch unserer Kirche in Hoverbeck war selbstverständlich und der Weihnachtsgottesdienst ein Höhepunkt im Jahresablauf.
Die „Tage zwischen den Jahren“ verliefen ruhig und gelassen, obwohl in dieser Zeit doch bestimmte ungeschriebene Regeln galten, die noch aus der Zeit der heidnischen Prussen stammten. Die Frauen trafen sich bei Nachbarn, rissen oder spleißten Federn für die neuen Betten, oder befassten sich mit Handarbeit. Man wusste genau, was man an diesen besonderen Tagen nicht machen durfte, was man kochen konnte und was nach alter Überlieferung nicht auf den Tisch sollte, wenn man bestimmte Krankheiten vermeiden wollte.

Die Silvesternacht verlief auch nach bestimmten auf die Zukunft gerichteten Gewohnheiten. Sehr gerne versuchte man beim Bleigießen aus der Form des Gusses die Zukunft für das kommende Jahr zu deuten. Dazu tranken
die Erwachsenen einige Bärenfang, mit dem man ja ohnehin „alle Jebrächen kuriert hat“, auf das glückliche, gesunde, gute Neue Jahr.
Auch im Winter 1944/45 hoffte man noch auf ein gutes Jahr. Doch es war der letzte Winter.

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Dazu auch Geschichte
1945

© 2009 Martin Kostka

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